Der Gründer von Sandvik
Sandviks Gründer, Göran Fredrik Göransson (1819–1900), wuchs in einer Reederfamilie im etwa 170 km nördlich von Stockholm gelegenen Gävle auf. Er war der älteste Sohn der Familie, die drei Mädchen und vier Jungen hatte. Er genoss eine strenge, aber gerechte Erziehung und lernte bereits in jungen Jahren, dass alle Menschen gleichwertig sind. Dies spiegelte sich im Laufe der Zeit in der Art und Weise wieder, wie er das Unternehmen und die umliegende Gemeinde auf- und ausbaute.
Göran Fredrik Göranssons Respekt gegenüber anderen Menschen zeigte sich auch in seinen alltäglichen Handlungen. Einmal, als das Theater in Gävle noch ganz neu war, beschwerte sich einer der Anwesenden, dass es doch unpassend wäre, dass ein Anstreicher direkt neben den "besseren" Familien in der ersten Reihe säße. Der spätere Konsul erwiderte: "Sie haben genauso viel für ihre Plätze bezahlt wie wir, also haben sie auch das gleiche Recht hier zu sitzen."
Er lernte mehrere Sprachen
Anders als seine Brüder war Göran Fredrik bereits als 19-Jähriger zu einem breitschultrigen Mann mit einem ausgeprägt starken und sturen Charakter geworden. Trotz seines ruhigen und selbstsicheren Auftretens besaß er ein feuriges Temperament, das aufblitzen und genauso schnell wieder verschwinden konnte.
Er arbeitete im Büro der Reederei, doch sein Vater war der Meinung, dass er auf Reisen gehen und Erfahrungen im Führen internationaler Geschäfte machen sollte. Also wurde er mit 19 Jahren zunächst nach Deutschland, dann in das Vereinigte Königreich, die USA und nach Frankreich geschickt. Der junge Göran Fredrik sammelte praktische Erfahrungen während er für die Geschäftspartner der Firma arbeitete und lernte gleichzeitig die Sprachen der verschiedenen Länder, die er besuchte.
Insgesamt verbrachte er 18 Monate im Ausland. Nach seiner Rückkehr war er voller Ideen für die zukünftige Entwicklung und Ausrichtung der Firma. Allerdings fehlte ihm aufgrund seiner Jugend der Mut, seine Pläne zur damaligen Zeit vorzustellen. Mit Göran Fredriks wachsendem Einfluss verließ die Firma jedoch nach und nach den Schifffahrtsektor und stieg in das Großhandelsgeschäft, hauptsächlich mit Stahl- und Eisenwaren, ein.
Die Gründung von Sandvikens Jernverk
Am 31. Mai 1842 heiratete er Betty Sehlberg und sie bekamen vier Söhne und zwei Töchter. Sein ältester Sohn, Anders Henrik (1843–1910), sollte eine wichtige Rolle in den zukünftigen Aktivitäten seines Vaters spielen, aber auch einer seiner anderen Söhne, Albert, beteiligte sich ebenfalls bis zu seinem viel zu frühen Tod. Die anderen Kinder schlugen andere Wege ein.
Eisen und Stahl wurden zu einem bedeutenden Teil der Geschäftstätigkeiten der Großhandelsfirma. Dazu zählte der Ankauf der gesamten Jahresproduktion an Roheisen von Högbo Bruk, welches dann weltweit verkauft wurde. Mitte der 1850er Jahre wurde Göran Fredrik zunehmend die Wichtigkeit einer stärkeren Mitwirkung am Produktionsprozess bewusst und deshalb kaufte er das ganze Werk Högbo Bruk. Dieser Kauf sollte schließlich der Beginn eines völlig neuen Unternehmens werden, das 1862 gegründet wurde - Sandvikens Jernverk (seit 1972 Sandvik).
Natürlich war Gävle als Standort für das neue Stahlwerk im Gespräch, wurde jedoch aus verschiedenen Gründen als nicht geeignet angesehen. Stattdessen fiel die Wahl auf die fast gänzlich unbesiedelte Gegend, in der Sandviken heute liegt. Die Nähe zu den Bergwerken, die das Erz liefern konnten, und den Wäldern für die Kohleversorgung waren zwei entscheidende Faktoren für den Standort. Ein anderer wichtiger Aspekt war die Möglichkeit für den Bau eines Kanals und die Erschließung von Wasserkraft. Der Konsul Göran Fredrik traf eine für die damalige Zeit ziemlich ungewöhnliche Entscheidung, nämlich, dass das neue Werk für den Dampfbetrieb gebaut werden sollte.
Gute Bedingungen für Arbeitnehmer
Das Gelände, auf dem das Werk entstand (1862), war bis auf zwei vorhandene Gebäude völlig unerschlossen. Ein Gebäude war ein Bauernhaus, das vom Unternehmen gekauft und später als Schule für die wachsende Gemeinde genutzt wurde. Das andere Gebäude gehörte der Eisenbahngesellschaft. Es wurde ebenfalls gekauft und zum Hauptgeschäftssitz gemacht. Dieses alte Gebäude existiert heute noch und steht neben dem heutigen Hauptgeschäftssitz, der 1891 gebaut wurde.
Nun wurden Arbeitskräfte benötigt. Die kleine Belegschaft in Högbo, die nach Sandviken umziehen konnte, reichte bei weitem nicht aus. Es mussten auch Arbeiter von anderen Hütten rekrutiert werden. Indem man günstige Bedingungen für Familien bot, wie hohe Löhne und angenehme Wohnmöglichkeiten, war es möglich, hochqualifizierte Arbeitskräfte zu gewinnen. Gleich zu Beginn wurde beschlossen, dass alle Arbeitnehmer ihre eigenen Wohnungen haben sollten, mit einem Raum und einer Küche und einem separaten Eingang. Jede Familie sollte außerdem einen Teil eines Gartens für den Anbau von Gemüse haben.
Die Rolle, die Konsul Göransson beim Aufbau dieser Gemeinde spielte, ist nicht zu unterschätzen. Bereits 1862 wurden fünf Gebäude gebaut, die jeweils vier Familien beherbergten. Drei Jahre später waren schon 13 Gebäude fertiggestellt. In den darauffolgenden Jahren wurde auch ein Gasthaus gebaut, um die Gäste zu empfangen, die nun zu Besuch kamen. Für die medizinische Versorgung wurde ein Laden für Arzneiwaren im Hauptgebäude eingerichtet, in dem alle Angestellten und ihre Familien kostenlose Arzneimittel erhalten konnten. Brennholz wurde ebenfalls kostenlos zur Verfügung gestellt.
Erweiterte soziale Dienste
Um die Wohnumgebung so angenehm wie möglich zu gestalten, wurden Baumalleen gepflanzt, wobei jede Straße eine unterschiedliche Baumart erhielt. Die Wasserversorgung wurde mit Wasserpumpen an ausgewählten Straßenecken organisiert. In jeder Straße wurde jeweils ein Sondergebäude errichtet, in dem die Familien ihre Wäsche waschen, Knäckebrot backen und ihr eigenes Bier brauen konnten.
Die Produktion wuchs immer schneller und ebenso die Anzahl der Bewohner in der neuen Gemeinde. Dies wiederum führte zu immer höheren Anforderungen an den Ausbau der sozialen Funktionen. Es war nicht länger tragbar, Kranke und Verletzte nach Gävle zu bringen. Deshalb wurde ein kleines Krankenhaus gegründet und kurz nach der Jahrhundertwende kam noch ein Sanatorium hinzu.
Es wurde eine Apotheke gebaut und auch eine Badeanstalt. Jeder konnte diese mindestens einmal in der Woche besuchen, um sich komplett zu waschen. Um sicherzustellen, dass die Töchter der Arbeiterfamilien lernten, wie man gute und nahrhafte Mahlzeiten zubereitet, wurde eine Hauswirtschaftsschule errichtet, es folgten ein Leseraum mit einer kleinen Bibliothek, Handarbeitskurse für Mädchen und 1908 wurde ein größeres Theater gebaut.
Die Gemeindeentwicklung kostete sehr viel Geld und in manchen Jahren investierte das Unternehmen mehr in die Gemeinde als in den Betrieb.
Der älteste Sohn, Anders Henrik Göransson, der die Geschäftsleitung von seinem Vater übernahm, zeigte denselben Respekt vor allen Mitarbeitern, wie es sein strenger, aber gerechter Vater getan hatte. Als die Räumlichkeiten des Walhalla-Theaters fertiggestellt waren, wurden sie den Arbeitern zur freien Verfügung übergeben. Das führte zu Kritik aus den konservativen Kreisen in Gävle. Die Antwort darauf lautete, dass "auf der Walhalla-Bühne alles gezeigt werden dürfe, aber nicht für alles Beifall geklatscht werden müsse". Das bedeutete, dass auch die Zensur an die Arbeiter abgegeben wurde. Es gab jedoch einen Vorsteher, der sicherstellte, dass reisende Theatergruppen keine Stücke von zu geringer Qualität aufführten.
Als der Enkel Karl Fredrik (1879–1960) die Geschäftsleitung übernahm, sorgte das Unternehmen auch weiterhin für seine Angestellten. In den 1920er Jahren führte er den "Mittwochsclub" ein. Das waren Versammlungen mit Vertretern der Unternehmensleitung, Angestellten und Arbeitern, bei denen Fragen erörtert wurden, die vornehmlich die Arbeit betrafen, aber auch die Gemeinde. Alle Mitarbeiter wurden dazu ermutigt, ihre Standpunkte, ob positiv oder negativ, darzulegen ohne Repressalien fürchten zu müssen. Die Protokolle dieser Versammlungen werden bis heute aufbewahrt.
Investition in eine Sportarena
Eine der letzten großen Investitionen in die Gemeinde, die Sandvik in diesem Zeitraum machte, war der Bau der Sportanlage Jernvallen. Sie wurde 1937, rechtzeitig zum 75. Firmenjubiläum, fertiggestellt. In Bezug auf die Anzahl der verschiedenen Sportarten, die dort ausgeübt werden konnten, war die Arena der größte und modernste Sportkomplex in Europa. Während der Fußballweltmeisterschaft 1958 wurden in Jernvallen zwei Spiele ausgetragen. Die Arena wird noch immer für den Spitzensport genutzt.
Ganz im Sinne von Konsul Göransson bleibt Sandvik weiterhin ein verantwortungsvoller Arbeitgeber mit einem großen Engagement für die Arbeitsumgebung und die persönliche Entwicklung. Die langen Dienstzeiten, die Mitarbeiter erreichen, bevor sie in Rente gehen, ist der Beweis dafür, dass die Lohnarbeiter und Angestellten das Unternehmen schätzen. Früher konnte die aktive Beschäftigungsdauer 60 bis 70 Jahre betragen, aber selbst heute bleiben einige für 40 oder manchmal sogar 50 Jahre.